Donnerstag, 15. Januar 2009

Wenn die Gesinnung stimmt, stören Tatsachen nur

Vor genau einem Monat berichteten wir über den Passauer Anschlag auf den lokalen Polizeichef. Innerhalb von Minuten war klar, dass der Täter in "rechtsextremen" Kreisen zu suchen war. Schock, Betroffenheit, Trauer, Wut, "Kampf gegen Rechts", "Flagge zeigen", "nie wieder", Lichterketten, Mahnwachen, es wurde mindestens zum hundertsiebzehntausendsten Mal "erwogen" die NPD zu verbieten (Wetten wir?), und die SOKO war so überwältigt von Ehrfurcht, dass sie das Einmaleins der Polizeiarbeit glatt vergaß und in der Familie des Opfers garnicht erst ermittelte.

Nun stellt sich heraus, dass der Mann vermutlich jemanden aus seinem persönlichen Umfeld geschützt hat und alles erstunken und erlogen war. Aber was soll's. Es ist inzwischen gesellschaftlicher Mehrheitskonsens, gegen Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit, den Medien - und nun bei der Polizei - auch dort mutig und entschlossen ins Feld zu ziehen, wo er garnichts angerichtet hat. Damit ist nun die Presse der Pflicht der Aufklärung von Sachverhalten, der Bürger des Nachdenkens und die Polizei ihrer Ermittlungspflicht enthoben. Wenn die Gesinnung stimmt, stören Tatsachen nur, und wen scheren schon die verfassungsmäßigen Rechte einiger Rechtsextremer (oder auch nur vermeintlich Rechtsextremer).

Schon vor vielen Jahren hatte der stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Karl Günther Barth über die den Fall des kleinen Buben, der im sächsischen Sebnitz angeblich von "Rechtsradikalen" ertränkt worden war, was die Nation in einen orgiastischen Krampf von Gutmenschentum hatte verfallen lassen (bis sich herausstellte, dass das Kind seiner Herzkrankheit erlegen war), gesagt, dass er "ein Politikum und damit juristisch nicht mehr zu bewältigen" sei. Wenn der Gutmensch in voller Fahrt ist, darf auch "Bild" gerne auf seiner Seite sein.

Woanders, an der Fachhochschule Erfurt, bekommt man neuerdings für ehrenamtliches Engagement "gegen Rechts" das, was man zu unserer Zeit Scheine nannte. Naja, die haben ihn dort ja 40 Jahre genießen dürfen, den Rechtextremismus, und wissen daher nun, wo Schwerpunkte zu setzen sind.